PFÄFFIKON - MIT DER WELT VERBUNDEN

Autorin: Irene Herzog-Feusi, Pfäffikon, Juli 2025

Inhaltsverzeichnis

Der erste Bahnhof in Pfäffikon
Unüberbaute Bahnhofsumgebung
Die Entstehung der SOB
Hohe Erwartungen
Chronisch knappe Finanzen
Wachstum
Die Bahnhöfe Freienbach und Bäch
1931: Pfäffikon bekommt einen neuen Bahnhof
Anmerkungen

Seit alter Zeit war Pfäffikon ein Verkehrsknotenpunkt. Einerseits waren es die verschiedenen Pilgerwege nach Einsiedeln, die hier aus der Ostschweiz, Deutschland und Österreich zusammentrafen, andererseits fand auf dem Zürichsee ein reger Warentransport statt. Vor allem in den Wintermonaten, wenn der Obersee zugefroren war, bildete Pfäffikon einen wichtigen Umschlagplatz. Das Rathaus im Unterdorf diente dabei als Sust, d.h. als Lagerplatz für die Güter.

Mit dem Bau der Eisenbahnen und dem Ausbau der Strassen wurde Pfäffikon zur immer wichtigeren Verkehrsdrehscheibe zwischen Ost und West, Nord und Süd. Der Bahnknotenpunkt der SBB und SOB ermöglichte Pfäffikon und der Gemeinde Freienbach eine steigende Ansiedlung von Industrie und neuen Einwohnern.

Als die Spanisch-Brötli-Bahn 1847 das Eisenbahnzeitalter in der Schweiz einläutete, waren in unseren Nachbarländern bereits Tausende von Schienenkilometern verlegt. Es sollten aber noch weitere 30 Jahre verstreichen, bis auch die Region Ausserschwyz ans schweizerische Eisenbahnnetz angeschlossen wurde.

Im Jahre 1874 brachte dann der Bau der einstigen Nordostbahn, Linie Zürich-Sargans-Chur, den Anschluss ans grosse Netz der SBB.

1 Plan der Nordostbahn von 1870.


Der erste Bahnhof in Pfäffikon


2 Foto des Bahnhofsgebäudes Pfäffikon von 1875 und des ein Jahr später eröffneten Hotels Höfe (abgebrochen), welches lange der einzige Bau an der Bahnhofstrasse blieb.


3 Zeichnung des ersten Bahnhofs von Pfäffikon SZ, 1875, heute Verkaufslokal, Kiosk, Lager und Wohnung.

Unüberbaute Bahnhofsumgebung


4 Ausschnitt aus der Landeskarte von 1889.



5 Landeskarte des Eidg. topogr. Bureaus, 1889, mit gut erkennbarem Schienenstrang der «Zürichsee-Eisenbahn».

Die Entstehung der SOB

Die 1877 erstellte Bahnverbindung Wädenswil–Einsiedeln, die grossen Pilgerverkehr anzog, berührte den Bezirk Höfe am Rande bei Schindellegi. Die 1878 eröffnete Linie Rapperswil-Pfäffikon verband als Teilstück der Zürichsee-Gotthard-Bahn das linke mit dem rechten Ufer des Zürichsees. Durch Fusion von zwei Gesellschaften, nämlich der Wädenswil-Einsiedeln- und Zürichsee-Gotthard-Bahn sowie der zwei Initiativkomitees für die Linien Biberbrücke-Goldau und Pfäffikon–Samstagern, entstand 1891 die Schweizerische Südostbahn.

Hohe Erwartungen


6 Beschwerdebuch der Station Pfäffikon.

In der Pionierzeit wurde der Bahnbetrieb mit grossem Ernst diskutiert, inspiziert, gelobt und kritisiert. Hier ein Beispiel für die hohen Erwartungen an die Präzision des Fahrplans Ende des vorletzten Jahrhunderts:

Auszug aus dem Beschwerdebuch des Bahnhofs Pfäffikon vom September 1897: «Infolge einer Zugverspätung bin ich genötigt, eine Beschwerdeschrift einzureichen. Ich kam nämlich heute morgen mit dem ersten Zug um 7.05 in Pfäffikon an, hätte nach Fahrplan um 7.06 in hier nach Rapperswil abfahren sollen, aber der Zug hatte schon in Lachen eine Verspätung von ca. 15 Minuten, aber deswegen hätte der Anschluss nach Rapperswil–Uster–Zürich doch hier sein sollen. Ich habe nämlich ein einfaches Billet Lachen–Wetzikon, dasselbe ist schon noch gültig, aber deswegen versäume ich einen halben Tag, welcher mir vom Lohne abgezogen wird. Ich hoffe ein andersmal auf alle Züge welche fahrplanmässige Verbindung haben, Anschluss zu bekommen und dass die Sache diesmal geregelt werde. Walther Düggelin, Geometer Lachen, Ct. Schwyz».

Chronisch knappe Finanzen

Pfäffikon hätte schon früh zum Knotenpunkt zwischen der Nordostbahn und dem geplanten Anschluss der Ostschweiz an die sich im Bau befindliche Gotthardbahn werden sollen. Die knappen Finanzen liessen bis 1878 aber nur den Bau der Strecke Rapperswil-Pfäffikon zu (vgl. auch Teil 2, Die Verbindung nach Rapperswil). Die Reise mit der Bahn in den inneren Kantonsteil wurde erst 1891 möglich, als die Südostbahn ihren Betrieb zwischen Pfäffikon und Arth-Goldau aufnahm.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts rollte der Verkehr im Kanton Schwyz noch auf schlechten Strassen und Wegen. Auf älteren Karten sind die Wege oft nicht detailliert gezeichnet. Die für den Unterhalt zuständigen Bezirke vernachlässigten ihre Pflichten aus Geldmangel. Mit der Bundesverfassung von 1848 erhielt der Kanton die Oberaufsicht über das Strassenwesen. Sofort legte der Regierungsrat ein ehrgeiziges Bauprogramm vor. Ein Zeitgenosse durfte 1858 erfreut konstatieren: «Noch vor einem Jahrzehnt bildete jedes Gasthaus, jeder Kutscher äusser dem Kanton Schwyz eine Warnungstafel gegen denselben, weil Wagen und Pferde auf seinen Strassen gefährdet seien. Jetzt sind dieselben mit wenigen Ausnahmen theils neu angelegt, theils corrigirt (...)». Im Rahmen dieses Bauprogrammes wurden auch die Seestrasse von Bäch nach Pfäffikon und die Strassenverbindungen von Schindellegi nach Pfäffikon sowie von Pfäffikon nach Hurden neu angelegt.

Wachstum

Dennoch zeigten die Verbesserungen der Infrastruktur nur allmählich Auswirkungen auf die wirtschaftliche und bevölkerungsmässige Entwicklung der Gemeinde Freienbach. Die Einwohnerzahl wuchs zwischen 1850 und 1900 ‘nur’ gerade um 200 Seelen auf 2270 an, und auch die Siedlungsentwicklung hielt sich in Grenzen. Die Ortschaften behielten lange ihren ländlich-dörflichen Charakter.

Die grossen Veränderungen traten erst in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts ein. Mit der Eröffnung der Autobahn A3 (1968) wandelte sich der Charakter der Gemeinde Freienbach grundlegend. Die Einwohnerzahl stieg nun sprunghaft an, die Wohngebiete und die Industrie- und Gewerbezonen dehnten sich massiv aus, wie die aktuelle Landeskarte dokumentiert– und diese Entwicklung geht in strammem Tempo weiter.


7 Karte Gemeinde Freienbach mit Orten Bäch, Freienbach, Hurden, Pfäffikon und  Wilen.

Mit den immer besser werdenden Verkehrsverbindungen wurden der «Etzel und das Höfnerländchen» für die Bevölkerung Zürichs zu einem beliebten Naherholungsgebiet. Gaststätten wie die «Luegeten» priesen ihre Dienste auf schmucken Postkarten an.

8 Gruss von der Luegeten.

In Feusisberg konnte man sich als Kurgast im «Feusisgarten» mondän niederlassen. Der Etzel selbst, der seit 1901 auch mit einem Restaurant auf dem Kulm aufwarten konnte, war für Sommer- und Wintersportler zu einem beliebten Treffpunkt geworden.

Die Bahnhöfe Freienbach und Bäch

Aus finanziellen Gründen musste Freienbach beim Bau der linksufrigen Bahn im Jahre 1875 auf ein eigenes Stationsgebäude verzichten. Die Reisenden des Eröffnungszuges konnten am 18. September 1875 in Freienbach das steinerne Grabmal mit dunklen Fahnen und der Aufschrift «Station Freienbach» nicht übersehen. Während Bäch schon im Jahre 1900 eine Haltestelle erhielt, musste man sich in Freienbach bis 1927 gedulden. Allerdings bestand hier seit 1902 eine Haltestelle an der Südostbahnlinie.

1931: Pfäffikon bekommt einen neuen Bahnhof

Der erste Bahnhof Pfäffikons von 1875 diente bis 1931 dem Personen- und Güterverkehr. Er wurde anschliessend als Güterschuppen genutzt und ist noch heute in Betrieb: Als multifunktionales Gebäude mit Verkaufsgeschäft, Kiosk und Warenlager. Im oberen Stockwerk befindet sich eine Wohnung.



9/10 Erster Bahnhof Pfäffikon von 1875, vis à vis das Hotel Höfe, erbaut 1876, abgerissen am 11. Oktober 1990.

 


11 Das Fundament ist erstellt.


12 Der Neubau beginnt zu wachsen.


13 Der Bahnhofbau schreitet voran und zeigt bereits seinen charakteristischen Treppengiebel, den er über bald hundert Jahre beibehalten würde.


14 Letzte Umgebungsarbeiten.


15 Einweihungsfeier 1931


16 Im Hintergrund das berühmte Reiterstellwerk von 1933, Typ Orenstein& Koppel.

Das Stellwerk war als Reiterstellwerk über den Geleisen angebracht. Eine Fotografie dieser damals hochmodernen und innovativen Anlage wurde im SBB-Nachrichtenblatt 8/1932 veröffentlicht und zwar gleich auf der Titelseite. Zu diesem Zeitpunkt war das Stellwerk noch nicht montiert. Die Stellwerkkabine ist noch leer und ein Durchblick durch die vier Fenster möglich. Im Hintergrund ist die Signalbrücke sichtbar, ebenfalls noch ohne Signale.


17 Skizze des Stellwerk Orenstein & Koppel.


18 Das Stellwerk, vorne die blauen Weichenschalter.

In Betrieb kam das neue Stellwerk im Jahr 1933. Die Strecke (Zürich)–Bäch–Pfäffikon war seit 1931 doppelspurig ausgebaut. Der weitere Ausbau auf Doppelspur Richtung Lachen–Chur verzögerte sich wegen der finanziellen Lage der SBB. Vorerst wurde für den Bau des Etzelwerks auf der Trasse des späteren zweiten Gleis ein ca. 2 km langes Anschlussgleis gebaut. Dieses Gleis wurde 1932 in Betrieb genommen. Der Bau des Kraftwerks dauerte von 1932–1937. Die Doppelspur Pfäffikon–Lachen konnte schliesslich erst 1941 vollendet werden.

Vor dem Stellwerk O&K gab es in Pfäffikon eine mechanische Anlage von Jüdel mit Befehl - und Wärterstellwerk aus dem Jahr 1894.

19/20 Perrons und Reiterstellwerk im Bahnhof Pfäffikon SZ, 1977.


21 Aktuelle Aufnahme des Bahnhofs Pfäffikon von Westen.


22 Das noch immer gut erhaltene, erste Pfäffiker Bahnhofgebäude.

Anmerkungen

Abkürzungen

BKW Baukultur Wädenswil
DOZ Dokumentationsstelle Oberer Zürichsee, Wädenswil
LZB Verein «150 Jahre linksufrige Zürichseebahn», Wädenswil

Quellen- und Literaturnachweis

965 Phaffinchova Pfäffikon 1965, Tausendjahrfeier Pfäffikon SZ, P. Rudolf Henggeler OSB, Einsiedeln, mit Beiträgen von Walter Höfliger und Alois Suter, Th. Gut & Co. Verlag, 1965
Dokumentation der Ausstellung «Die Zeit 1848»/ «5 Dörfer – 1 Gemeinde: Vielfalt – Freundschaft – Gemeinschaft» zu den 150-Jahr-Feierlichkeiten der Gemeinde Freienbach, 1998
Grenzpost, September 1975, Peter Ziegler, Wädenswil, aus Sammlung Ortsmuseum Richterswil, zum Hundertjährigen Jubiläum der Bahnstrecke Zürich-Richterswil
Die Kunstdenkmäler der Schweiz, neue Ausgabe Band IV, Der Bezirk Höfe, Anja Buschow Oechslin

Bildnachweis

Header Bild: Bahnhof Pfäffikon SZ mit Brücke zum neuen Reiterstellwerk, 1933 (SBB Historic, coloriert LZB)
1 Die Zeit 1848, Historische Ausstellung «150 Jahre Gemeinde Freienbach», 1998
2 Pfarrarchiv Freienbach / Die Kunstdenkmäler der Schweiz, neue Ausgabe Band IV, Der Bezirk Höfe, Anja Buschow Oechslin
3 Die Zeit 1848, Historische Ausstellung 150 Jahre Gemeinde Freienbach, 1998
4 Die Kunstdenkmäler der Schweiz, neue Ausgabe Band IV, Der Bezirk Höfe, Anja Buschow Oechslin
5 Eidg. topografisches Bureau, Wabern
6 Die Zeit 1848, Historische Ausstellung 150 Jahre Gemeinde Freienbach, 1998
7 WebGIS SZ
8 Albert Jörger, Kunsthistoriker, Horgen
9 Staatsarchiv Schwyz
10 «965 Phaffinchova Pfäffikon 1965»
11 «965 Phaffinchova Pfäffikon 1965»
12 Staatsarchiv Schwyz
13 Staatsarchiv Schwyz
14 Staatsarchiv Schwyz
15 «965 Phaffinchova Pfäffikon 1965»
16 SBB Historic, coloriert LZB
17 https://www.gleisplaene-schweiz.ch/mechanische-stellwerke-und-signale/pf%C3%A4ffikon-sz/
18 Rudolf W. Butz: Signale der Schweizer Bahnen, Orell Füssli Verlag 1972
https://www.gleisplaene-schweiz.ch/mechanische-stellwerke-und-signale/pf%C3%A4ffikon-sz/
19 SBB Historic
20 SBB Historic
21 zvg
22 zvg

Weitere Artikel Baugeschichte & Jubiläen

DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER EISENBAHN
Quelle: Wädenswil Zweiter Band, 1972, von Peter Ziegler, S. 133-140

LINKSUFRIGE ZÜRICHSEE-BAHN - AUS DEN ANNALEN DER LINKSUFRIGEN
Quelle: Werner Neuhaus, Separatdruck «Zürichsee-Zeitung» Th. Gut+Co. Verlag, 8712 Stäfa

ALS DIE EISENBAHN KAM
Quelle: Text zur Sonderausstellung im Ortsmuseum Sust von Christina Kovarik, Zürich & Robert Urscheler, Horgen

EISENBAHN: DIE «LINKSUFRIGE»
Quelle: Aus der Richterswiler Verkehrsgeschichte von Richterswil V 1977 von Adolf Attinger, S. 70-81

VON DER WÄDENSWIL–EINSIEDELN-BAHN ZUR SÜDOSTBAHN
Quelle: Wädenswil Zweiter Band, 1972 von Peter Ziegler, S. 141-150

DAS «PARADESTÜCK DER SCHWEIZERBAHNEN» IST HUNDERT JAHRE ALT GEWORDEN
Quelle: Thalwiler Anzeiger, September 1975, aus Sammlung Ortsmuseum Richterswil, zusätzliche Bilder LZB

100 JAHRE EISENBAHNLINIE ZÜRICH–RICHTERSWIL
Quelle: Grenzpost, September 1975, Ziegler Peter aus Sammlung Ortsmuseum Richterswil

HUNDERT JAHRE WÄDENSWIL–EINSIEDELN-BAHN
Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1977 von Peter Ziegler, S. 53-59


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